Ein neuer Lampenschirm…
neulich hat mir eine liebe Bekannte- von meinem Faible für Dinge mit Patina wissend- eine alte Lampe geschenkt. Nachdem wir “erst” vor 2 Jahren umgezogen sind, können wir gut noch einige Lampen gebrauchen und diese passte mit ihrem geschwungenen, goldenen Fuß wirklich schön ins Bild. Mein einziger Wehmutstropfen, war die Bespannung des Schirmes, die so gar nicht stimmig war und einen großen Riss hatte. Erst fiel mir das Sprichwort vom geschenkten Gaul ein, aber dann beschloss ich, sein Zaumzeug zu ändern.
Ich habe eine Schwiegermutter, die gelernte Damenschneiderin und Handarbeitslehrerin ist. Sie ist goldwert in allen Fragen Textil. Und sie weiß auch sehr genau, wie es gehen muss- ganz im Gegensatz zu meinem “ich näh mal was zusammen, mit ein bisschen Ziehen wird es dann schon passen”-Ansatz. Ich gebe hier unumwunden zu, dass der trotzdem meistens zur Anwendung kommt und ich nur in sehr seltenen Ausnahmefällen ihren Anweisungen wirklich Schritt für Schritt folge. In jedem Fall ist es immer gut zu wissen, wie es vorschriftsmäßig ginge. Dann ist die eigene Freiheit im Experiment größer und der Erfolg wahrscheinlicher.
Jedenfalls seht ihr links das Ausgangsprodukt. Der Fuß sollte Messing sein, nachdem aber (zunächst) beim Reiben Goldfarbe abging, habe ich den Versuch ihn zu säubern erst mal ad acta gelegt.
Also die “richtige” Anleitung: Ein Schnittmuster aus Papier erstellen und mehrfach anlegen, damit es auch sicher auf alle Teile passt (denn die Nähte müssen ja auf den Drähten sitzen- man sieht ja durch den Schirm nachher durch). Dann aus Stoff ausschneiden und stecken und erneut
“anprobieren” und ggf. anpassen. Schließlich jede zweite Naht nähen, damit man notfalls noch etwas verrutschen kann. Dann kontrollieren und die letzten Nähte nähen, Nahtzugaben versäubern und von Hand um den Draht nähen (oben, unten und an den Verstrebungen).
So weit die Theorie. Meine erste Überlegung war, mit welchem Stoff ich denn das Ding bespannen wollte? Mit Resten vom Vorhang? Aber ist das dann nicht zu viel des Gleichen? Wer ein bisschen in die Richtung “Inneneinrichtungsnerd” tendiert verbringt schon mal mehrere Nächte vor dem Einschlafen mit Stoff-Rochade.
Wie wunderbar, dass es in Wien so etwas Tolles wie das “Repair-Festival” gibt. Eine Initiative von (überwiegend) Frauen, vor allem Kleidung zu reparieren und nicht als Fast Fashion auf den Deponien “verschwinden” zu lassen. Gleichzeitig ein Plädoyer für gut gemachte, qualitativ hochwertige Kleidung, die wir alle tragen und haben sollten- und dafür eben nur wenige Stücke. Im Rahmen dieses Festivals gab es jedenfalls einen Stoff-Flohmarkt auf dem Private, wie gewerbliche Stoff-Begeisterte ihre Reste für sehr kleines Geld zum Verkauf anboten. Nichts wie hin! Dort ließ sich meterweise Stoff für unter einem Euro erwerben, was für meine kleine Lampe nicht mal nötig war, aber zur Auswahl bei der nächtlichen Stoff-Rochade erheblich beigetragen hat. Jedenfalls habe ich mich schlussendlich für einen zarten beige-Ton entschieden. Ein Stoff, der schon eine Unterkante hatte und der - wie ich nachher feststellen musste - sicherlich nicht zum Bespannen von Lampen gedacht war. Wie auch immer, nach jeder Menge Prokrastinieren und ein bisschen erhlichem Zeit- und Motivationsmangel machte ich mich an die Arbeit.
Hier seht ihr den Status “Stecken vor dem Nähen”. Der Stoff war unglaublich fransig und nachdem ich den neuen Schirm zum ersten Mal aufgezogen hatte, war mir klar, dass ich mindestens eine zweite Lage brauchen würde, damit die Glühbirnen nicht blenden. Das verkomplizierte die Sache etwas, denn dann müssen zwei Nähte genau auf den Draht passen… und wohin dann mit der Nahtzugabe? Schließlich entschied ich mich, den Schirm quasi von innen und außen zu beziehen, sodass man auch von innen keine Nahtzugaben etc. sieht. er bekommt quasi eine Lage Futterstoff.
(Von Innen schaut man sowieso nicht sehr oft in diese Lampe, da sie auch von oben geschlossen ist- man müsste ziemlich kriechen, um das zu schaffen, aber wegen der Perfektion warats.) Das Ganze bot den Vorteil, dass ich die bereits im Stoff vorhandene Kante,einmal oben und einmal unten an der Lampe würde einsetzen können und mir keine Gedanken um einen schönen Abschluss machen musste. Ein Band oder Fransen etc. kann man ja immer noch irgendwann aufnähen.
Das Ergebnis ist typisch ich- ein bisschen daneben, aber insgesamt recht schick. Der Fuß ließ sich schlussendlich doch polieren, sodass er nun richtig golden glänzt und den “Deckel” des Lampenschirmes habe ich am Ende nur versäubert und von Hand an das Drahtgestell genäht. Den Aufwand, jede Naht am Gestell zu befestigen habe ich mir gespart, dafür habe ich es oben und unten richtig straff gezogen. Die Nähte und Nahtzugaben sieht man daher, wenn man das Licht einschaltet, aber est stört mich irgendwie nicht. Es zeigt meine Arbeit und dass sich hier jemand die Mühe gemacht hat, etwas zu Verändern.