Erdbeermarmelade
Je mehr ich Rezepte sammele, umso mehr bemerke ich, wie sehr mein Vater mich kulinarisch geprägt hat. Und das würde ich nie nie offiziell zugeben, denn sein Geschmack unterscheidet sich sehr deutlich (!!!) von meinem.
Was das Marmelade-Kochen jedoch angeht: Hier ist es meine Mutter, die mich geprägt hat. Gekauft wurde Marmelade (fast) nie, dafür standen oft die Gläser mit der heißen Köstlichkeit in der Küche. Von meiner Mutter weiß ich, dass an jede gute Marmelade etwas Salz muss und meistens auch Pfeffer, und wie wunderbar man mit weiteren Zutaten experimentieren kann. Mal, um den Geschmack der Basis-Frucht zu unterstützen, mal um eine weitere Note hinzu zu fügen.
Unser Erdbeerhügel
Seit 2 Jahren haben wir nun unseren “Erdbeerhügel” und dieses Jahr trägt er mehr denn je. Wobei ich gestehen muss, dass ich Marmelade lieber von “fremden” Erdbeeren koche und die aus dem eigenen Garten gleich in den Mund wandern- oder ins Müsli, den Obstsalat etc… zum Glück gibt es den Bio-Bauern mit Erdbeerfeld, der erlaubt, dass man selber pflücken geht, was den Preis reduziert. Erdbeeren sind doch ein wahrer Alleskönner. Sie passen wunderbar zu süß, wie zu salzig (bitte versucht Erdbeeren mit Knoblauch, und altem Balsamico Essig und Minze im Salat. Ein bisschen Ziegenkäse dazu- perfekt) und die Zucker-Gier meiner Kinder befriedigen sie auch.
Meine Familie ist äußerst wählerisch was Marmelade betrifft. Rhabarber bleibt übrig (wird aber im Kuchen geliebt), Ribisel und Quitte werden akzeptiert, wenn auch nicht geliebt und ganz oben auf der Skala sind Himbeere, Marille, Cassis und- ja- Erdbeere. Und bitte unbedingt püriert (außer Cassis), denn Stückchen mag hier keiner.
Also beginne ich damit, Erdbeeren zu putzen und zu wiegen- man muss immer mehr putzen, als dann auf der Waage landen, denn schließlich gibt es rundherum die ständige Gefahr hungriger Mäuler. Fremde und Eigene. Dann die schwierige Entscheidung über die Süße. Mehr Zucker hält sich länger. Gelierzucker ist für “Marmeladenpuristen” ein Faux Pas, aber damit die Marmelade geliert sind bei Kristallzucker höhere Temperaturen notwendig, die Vitamine und Farbe zerstören. Und dann gibt es natürlich noch jede Menge “gesunde” Süßungsmittel, mit denen ich aber nicht experimentiert habe, da sie etweder nicht so gut konservieren wie herkömmlicher Zucker, oder einen starken Eigengeschmack haben. Marmelade ist und bleibt eine Süßigkeit und nachdem ich gerne auf Nummer Sicher gehe kommt bei mir Gelierzucker dazu. Nachdem ich 1,5kg Früchte habe, nehme ich 0,5 kg 2:1 Gelierzucker und 200g 3:1, das kommt dann hin. Also Früchte und Zucker in den großen Topf, Herd einschalten und dann - Moment mal- das könnte unten anbrennen. Aber Wasser hinzufügen ist keine gute Option, zumal wir noch eine Säure brauchen. Meine Mutter kochte früher häufig Erdbeermarmelade mit Hagebuttentee, was allerdings die Farbe beeinflusste, ansonsten aber köstlich war. Ich habe vor einiger Zeit ein Dessert-Rezept entdeckt, das die Erdbeere mit Karkadeh (also Hibiskusblüten-Tee) kombiniert und das ist einfach phantastisch. Der Tee aus dem Orient besticht bei entsprechend starkem Aufguss mit einer angenehmen Säure, ist herrlich tiefrot und dabei sehr mild und fruchtig. Ca. 200ml habe ich hinzugefügt, damit meine Erdbeeren nicht ansitzen.
Nachdem der Zucker sich im Erdbeer-Tee aufgelöst hat püriere ich die ganze Masse und koche sie auf, damit sie geliert. (Das kann man testen indem man ein bisschen auf eine Untertasse, oder in meinem Fall, den Kaffekannendeckel kleckert. - Das wichtigste Kriterium ist hier, dass die Marmelade auf eine kalte Oberfläche trifft, damit sie schneller abkühlt und zeigt, ob sie geliert ist oder nicht.)
Dann kommt der wunderbare und wichtige Prozess des Abschmeckens. Wo will ich hin mit meiner Marmelade, welchen Aspekt der Erdbeere will ich unterstreichen und welche Art Marmelade essen meine Lieben? Salz (ca. 1/4 TL) ist Pflicht, denn es “schließt den Zucker auf”. Wie Gebäck, wird auch Marmelade erstaunlicherweise süßer, wenn Salz dazu kommt. Fast alles Obst verträgt Pfeffer. Erdbeeren auch und gar nicht so knapp (ich habe meine Mühle sicher 6-8 Mal gedreht, also insgesamt ein knapper halber TL.). Ich liebe die Würzigkeit von Erdbeeren und fand, dass noch etwas mehr Säure fehlt. Nachdem ich euch oben ja schon beschrieben habe, dass Erdbeeren wunderbar mit Balsamico-Essig harmonieren, habe ich davon einen kleinen Schluck hinzugefügt. Nicht so viel, dass es nach Essig schmeckt, sondern gerade genug, um Würze und Fruchtigkeit der Beere zu betonen. Alles nochmal durchrühren. Fertig.
Ach so, ähm, abfüllen. Mist. Jedes Mal ist das ein gefürchteter Akt. Die heißen, ausgekochten Gläser, die kochende, klebrige Marmelade, dazwischen ein Schöpfer und eine Mama, die Kinder verscheucht und sich die Hände verbrennt. Aber dieses Jahr habe ich es gekonnt!!! Die Kinder waren mit Freunden beschäftigt, ich hatte freie Bahn! Mein Mann schmipft immer, ich möge auf mehr Hygiene achten und Recht hat er. Unser wunderbarer Vorratskeller ist nämlich notorisch feucht und daher schimmelt alles was nicht einwandfrei verpackt ist, selbst wenn die Gläser nachher geputzt werden “kriecht” der Schimmel über den Rand und wenn man Pech hat ins Innere. Ein Marmeladenglas zu befüllen, ohne dabei den Rand zu berühren ist jedoch fast ein Ding der Unmöglichkeit- aber diese Jahr habe ich unseren Trichter verwendet! Hurra! Profis haben natürlich Marmeladen-trichter, so weit ging es bei mir nicht. Aber ich habe auch ihn ausgekocht und dann eine Topf-Trichter-Marmeladenglas Brücke auf dem Herd konstruiert, die mich mit der freien Hand die Marmelade schöpfen ließ. Der Rand blieb sauber und so wenige Flecken wie diesmal habe ich wohl selten verursacht. Das wird auf jeden Fall die Methode der Wahl in Zukunft. Ein Rest-Glas entstand auch und nachdem die nun doch durch den Duft angelockten Kinder den warmen Topf ausschlecken durften, mussten auch noch Marmeladen-Brote sein, die diesen Rest glatt verputzten. Ich kann es ihnen nicht verübeln, frische Erdbeermarmelade gehört zum Besten, was es gibt.